"Fremd ist der Fremde nur in der Fremde"
Karl Valentin

Freitag, 26. April 2013

Des Königs Reise nach Florida

Günstige Gelegenheiten sollte man nicht ausschlagen. Diese alte Weisheit beherzigte der König, als er das Angebot erhielt, eine Reisegruppe nach Florida, dem Wartezimmer Gottes, zu begleiten.
Recht kurzfristig, so dass beim König leichte Panik ausbrach, mussten Sachen gepackt und jemand zum Blumen gießen gesucht werden.

Ich bin reich!
Generalprobe zu Haus
 Außerdem brauchte er noch landestypisches Geld. Das Geld aus des Königs Heimat konnte man nicht zu den traditionellen amerikanischen Röhrchen formen, die man ja brauchte, um verschiedene Nahrungsergänzungsmittel aufzunehmen.




Abschied vom treuen Freund


Aber die Vorbereitungen konnten rechtzeitig abgeschlossen werden; schnell noch ein Abschiedsgruß an den Schneemann, den treuen Freund der letzten sechs Monate in Deutschland; und hui, schon ging über Berlin Tegel und Barcelona nach Miami. 







Das Hui über den Atlantischen Ozean zog sich allerdings hin, in den engen Sitzreihen des Fliegers schliefen des Königs Beine mehrmals ein und durch das Guckloch der Fluggastzelle sah er stundenlang nur Wasser. Es war deprimierend. Aber gleich nach der Landung verschwand die negative Stimmung. Warme Sonnenstrahlen liebkosten des Königs Haupt, das hat er seit Monaten nicht mehr erlebt. Schnell wurden die dicken Wintersachen aus dem trüben Europa ausgezogen und ganz tief in die Tasche gesteckt. So, jetzt konnte der Urlaub losgehen.



483 LCH
Als erstes inspizierte der König den bereitgestellten Wagen, der ihn über die Highways von gods own country tragen sollte. Ein monströser schwarzer Ford wartete und ... er gefiel dem kleinen Herrscher ausnehmend gut.





  Der erste Ausflug der Reise führte die Gruppe nach Sanibel Island, einer schönen naturbelassenen Insel westlich von Fort Meyers. Auf der Insel darf kein Haus höher sein als die höchste Palme, diese Vorschrift verwirrte seine Plüschigkeit. Was, wenn die höchste Palme umfiel, oder was wenn mal eine Palme 300m hoch wird? Können die Einwohner dann ihre Häuser aufstocken? Sehr seltsam, die Gesetze hier. Aber das hängt vielleicht irgendwie damit zusammen, dass hier viele CIA-Veteranen ihren Lebensabend verbringen. Nach ihren vielen Spionageeinsätzen sind sie vielleicht höhenkrank oder so. Wer weiß? Da spaziere ich doch lieber am Strand entlang, dachte der König. Gesagt – getan. 

Da knirscht der Sand zwischen den Zehen
Was der König nicht kennt, das isst er nicht











Den feinen weißen Sand an den Füßen spüren, die Haare im lauen Wind, das war was für ihn. Plötzlich sah er ein seltsames, schreckliches Tier und er wusste nicht wie er sich verhalten soll. Hinlegen, still verhalten, oder doch lieber schreiend auf das Ungetüm zu rennen? Glücklicherweise erlösten die Begleiter den kleinen Herrscher aus der misslichen Situation und erklärten ihm, dass dies ein ungefährlicher Pfeilschwanzkrebs sei, der keinen Plüsch frisst.
Bald kam die Gruppe zur Sanibel School, die laut Info-Tafel nur für weiße Kinder offen war. Schwarze mussten draußen bleiben. Darüber regte sich der König, der ja bekanntermaßen eine humanistische Erziehung genoss, dermaßen auf, dass ihm die Haare zu Berge standen und er kaum beruhigt werden konnte. 

Der König ist entsetzt
Erst als er sich beim Sanibel Lighthouse, dem Leuchtturm der Insel, verschiedene technische Apparaturen erklären ließ, ging es mit dem Blutdruck wieder in normale Höhen. Und als der König auf einem Schild las, dass es hier auch Krokodile gab, war die Sache mit der Schule auch schon wieder vergessen.
Da wird ihm schwindlig















Am nächsten Tag erkundete der König Anna Maria Island. Auch dieses noch etwas unbekannte Eiland liegt vor der Westküste Floridas. Und auch hier dürfen die Häuser nicht sehr hoch gebaut werden, 20,5 Meter, dann ist Schluss. Aber warum nur, warum? Egal, der König machte einen Spaziergang über die Uferpromenade und durch pittoreske Gassen. 

Warum rennt die Frau?
Beim Schlendern in der Sonne und Besuchen von verschiedenen Boutiquen mit den begleitenden Frauen verging die Zeit wie im Fluge. Es konnten einige Oberteile erstanden werden. Am Abend dann genoss er einen spektakulären Sonnenuntergang. Leider konnte er eine Sache nicht beobachten, dafür war er zu zeitig im Jahr dort auf der Insel: Im Mai kommen die vom Aussterben bedrohten bis zu 100 kg schweren Loggerhead Schildkröten (Caretta caretta) an den Strand. Dort buddeln sie ihre Nester in den Sand und legen ihre Eier ab. Ja, auch wenn es komisch klingt, Schildkröten legen Eier. Gern hätte der König dieses Schauspiel beobachtet, aber man kann nicht alles haben.



Himmelslinie von Miami

Miami, die größte Stadt Floridas wartete am nächsten Tag auf des Königs Visite. Richtig große Häuser, eine echte Skyline und ein Trubel wie in großen Städten eben üblich empfingen den König. Das gefiel ihm gut. Eine Fahrt in der Sonne über den Ocean Drive, die Arme lässig aus dem Autofenster hängend wie James Dean, das war auch ein schönes Erlebnis für den kleinen Herrscher.
An der Mole von Miami musste er sich vorsichtig und leise verhalten, dort war eine Schutzzone für Seekühe. Von diesen sagenumwobenen Getieren hatte er schon gehört, schob sie aber immer ins Reich der Fantasie ab. Sollte es sie wirklich geben? Der kleine König wartete einige Stunden am Ufer, nur eine Seekuh bekam er nicht zu Gesicht. Später, zu Haus, erfuhr er aus dem Internetz mit automatischer Übersetzungsfunktion:
Während der Wintermonate, Seekühe Kopf für warme Gewässer, wie Federn und Kraftwerk Entladungen. Für den Rest des Jahres sind Seekühe breit gestreut.
Aha, dachte er.

Manatee












Aber noch war er in Florida, und dort sollte am nächsten Morgen der Höhepunkt der Tour für den König stattfinden: Eine Fahrt in die Everglades mit so einem Boot, das aussieht wie ein flachgelegter Helikopter. Der König war sehr aufgeregt.

Propellerboot im Ruhezustand
 Schon früh um vier ging es los, die Fahrt nach Everglades City war lang. Endlich angekommen, empfing Käpt'n Ken die königliche Delegation. Der König sprach den Kapitän auf Barbie an, bekam aber nur verständnislose Blicke zur Antwort. So ließ seine Plüschigkeit das Thema ruhen, um nicht den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen zu werden.

Clara und Ken
Nach einer kurzen Sicherheitsbelehrung konnte sich der König in das Gefährt setzen und wenig später später ging es los. Der Nationalpark Everglades ist eine einmalige subtropische Heimat für unzählige Tier- und Pflanzenarten. So erfuhr der König, dass hier die mysteriöse Seekuh, das amerikanische Krokodil und auch der seltene Florida-Panther leben sollen. Der König war da etwas skeptisch und dachte an die Seekuh-Pleite in Miami. Und er war sehr beruhigt als er erfuhr, dass von den 27 hier vorkommenden Schlangenarten nur vier giftig seien. Puh, Glück gehabt. Käpt'n Ken fuhr kreuz und quer durch Kanäle, die links und rechts dicht mit Mangroven bewachsen waren. Einige Krokodile und viel Federgetier säumten die Ufer, wohl auch um den Herrscher aus Europa zu sehen.
In den undurchdringlichen Sümpfen
Nach der rasanten Fahrt durch diese einmalige Landschaft gab es am Abend noch ein Ehrendiner für den König bei seinen Gastgebern. Auch die Begleitung war geladen und haute ordentlich rein.










Letzter Ausflugstag, wieder eine lange Fahrt, diesmal nach Orlando zu den Universal Studios und Adventure Island mit den Kulissen der Harry Potter Geschichten. Allerdings waren das Sachen, die den kleinen Herrscher nicht sonderlich interessierten. Hogwards, Winkelgasse und Hogsmeade sagten ihm nicht viel. 

Schön schief

Lediglich die Fahrten mit den Achterbahnen und Karussellen erfreuten des Herrschers Herz. Der König zeigte aber den ganzen Tag seine professionelle Freundlichkeit, auch um die Gastgeber nicht zu enttäuschen.
Am Strand von Ford Meyers erholte sich der König am letzten Reisetag von den doch strapaziösen Ausflügen. Mit dem Feldstecher beobachtete er viele Wasservögel. Bei einem schönen Bade entspannte sich der König und ließ beim Schlummern im Liegestuhl die schönen Erlebnisse der letzten Tage Revue passieren.
Ich beobachte nur Vögel!














Der Rückflug nach Europa zog sich dann auch wieder endlos hin, und endlich in Barcelona angekommen stellte sich heraus, dass der Reiseleiter keine Tickets nach Deutschland hatte. Da wurde dem König recht mulmig zumute und seine Stimme bekam ein gewisses Vibrato. Sollte er etwa hier in der spanischen Provinz bleiben? 

Sand in den Augen von Florida
Aber er schluckte tapfer die Tränen hinunter und sprach höchstselbst beim Flughafenleiter vor, der ihm eiligst Tickets für ihn und seine Begleitung besorgte. Na also, geht doch, dachte der König zufrieden.
Seine Plüschigkeit möchte sich auf diesem Wege bei seiner Reisebegleitung für die schönen Tage bedanken. Geschenke gibt es aber keine.